Seit 2019 hat COVID-19 weltweit zu einer erheblichen Morbidität und Mortalität geführt und zahlreiche Menschen mit langfristigen gesundheitlichen Folgen belastet. Long COVID beschreibt anhaltende Symptome und Funktionsstörungen, die auch Monate nach der akuten Infektion fortbestehen. Die Symptome, die dabei auftreten, sind vielfältig und beeinflussen nicht nur die physische und psychische Gesundheit, sondern wirken sich auch negativ auf die Lebensqualität und die soziale Teilhabe der Betroffenen aus.
Long COVID wird durch Symptome und Einschränkungen charakterisiert, die über zwei bis drei Monate nach Abklingen der akuten Infektion hinaus fortbestehen und sich nicht durch andere Diagnosen erklären lassen.
Zu den häufigsten Symptomen von Long COVID zählen:
- Fatigue: Ein anhaltendes Gefühl starker Erschöpfung, das selbst durch Ruhephasen nicht vollständig behoben werden kann.
- Atemprobleme und Husten: Viele Betroffene leiden weiterhin unter Atemnot und gelegentlichem Husten, was die Alltagsbewältigung erschwert.
- Myalgie und Gelenkschmerzen: Muskel- und Gelenkschmerzen sind häufig und können die Beweglichkeit einschränken.
- Schlafstörungen: Schlafprobleme wie Einschlaf- und Durchschlafstörungen beeinträchtigen die Erholung und verstärken die allgemeine Erschöpfung.
- Psychische Beschwerden wie Angst und Depression: Die mentale Gesundheit ist häufig beeinträchtigt, was oft in Form von Angstzuständen oder depressiven Symptomen zum Ausdruck kommt.
- Kognitive Einschränkungen: Konzentrationsschwierigkeiten und Gedächtnisbeeinträchtigungen treten bei vielen Betroffenen auf und führen zu weiteren Belastungen im Alltag.
- Post-Exertional Malaise (PEM): Eine Verschlechterung der Symptome, die nach körperlichen, kognitiven oder emotionalen Aktivitäten auftritt, wird von vielen Betroffenen beschrieben. Diese Reaktion kann Stunden oder sogar Tage nach der Belastung einsetzen und die Erholung zusätzlich erschweren.
Diese Symptome und deren Auswirkungen machen deutlich, wie umfassend Long COVID das Leben der Betroffenen beeinträchtigen kann und unterstreichen die Notwendigkeit spezifischer Therapieempfehlungen und individueller Behandlungsansätze zur Linderung der Symptome und Verbesserung der Lebensqualität.
Für die Therapie von Long COVID wird körperliche Aktivität bei nahezu allen Symptomen empfohlen. Die Art des Trainings kann individuell angepasst werden und reicht von aeroben Übungen über Widerstandstraining und Wassergymnastik bis hin zu Kraft- und Herz-Kreislauf-Training. Besonders hilfreich ist es, die Trainingsintensität durch einen Maximaltest zu ermitteln, um die maximale Herzfrequenz festzustellen. Auf dieser Basis kann ein maßgeschneidertes Training mit einer empfohlenen Frequenz von 3-5 Mal pro Woche gestaltet werden – allerdings nur für Patienten ohne Post-Exertional Malaise (PEM), bei der die Symptome nach Belastung verschlimmert auftreten.
Empfohlene Trainingsformen
Ausdauertraining: Zu Beginn wird eine Trainingsdauer von 10-15 Minuten empfohlen, die sich schrittweise auf 30 Minuten steigern lässt. Die Intensität sollte dabei je nach Belastbarkeit und Toleranz ebenfalls langsam erhöht werden.
Krafttraining: Ideal sind zunächst drei Sätze mit 8-12 Wiederholungen für jede Übung, wobei am Ende jedes Satzes eine muskuläre Erschöpfung angestrebt wird. Der Fokus sollte auf 4-6 Übungen für große Muskelgruppen liegen. Zusätzlich kann auch ein Gleichgewichtstraining sinnvoll in das Programm integriert werden.
Besonderheiten für PEM-Patienten: Für Betroffene mit moderatem PEM (Symptomverschlechterung für weniger als 14 Stunden nach Belastung) wird auf einen Maximaltest verzichtet. Stattdessen sind sanfte, milde bis moderate Kraft- und Ausdauerübungen hilfreich, die jedoch keine Muskelermüdung verursachen sollten. Hier kann ein Intervalltraining sinnvoller sein als kontinuierliches Ausdauertraining. Es wird empfohlen, mit 5-10 Minuten und 2-3 Einheiten pro Woche zu beginnen. Bei anhaltenden PEM-Symptomen nach dem Training sollte das Programm angepasst oder die Trainingseinheit für einige Tage pausiert werden.
Schweres PEM: Bei einer starken Symptomverschlechterung, die länger als 14 Stunden nach Belastung anhält, sollte auf einen Maximalkrafttest ebenfalls verzichtet werden. Vor dem Training bietet die 4P-Regel eine Orientierungshilfe, um die Belastung besser zu kontrollieren.
Die 4P-Regel für PEM-Patienten
- Pace: Die Aktivität sollte schrittweise und kontrolliert gesteigert werden.
- Planung: Energiereiche Aktivitäten sollten zu Zeiten geplant werden, in denen subjektiv am meisten Energie vorhanden ist. Pausen sind ein zentraler Bestandteil der Strategie.
- Priorisierung: Notwendige Aktivitäten und solche, die ausgelassen werden können, sollten unterschieden und priorisiert werden.
- Positionierung: Eine angenehme Umgebung und Anpassungen, die die Konzentration und das Energielevel fördern, sind hilfreich.
Die häufigsten Symptome bei Long COVID – darunter Fatigue, Post-Exertional Malaise, Atemnot, orthostatische Intoleranz, kognitive Einschränkungen, Angstzustände, Depression, Schlafprobleme und Gelenkschmerzen – können durch körperliches Training und moderate Bewegung positiv beeinflusst werden. Ein gut abgestimmtes, individuelles Trainingsprogramm ist für die Genesung und die langfristige Verbesserung der Lebensqualität essentiell.
Quellen:
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